Redakteure werden in einigen Firmen als Kellerkinder wahrgenommen. Diesen Zustand gilt es aus meiner Sicht zu ändern. Schon häufiger wurde ich gefragt, wie sich der Stellenwert der technischen Dokumentation in einem Unternehmen verbessert werden kann. Es ist schwierig bis unmöglich, Aussagen zu treffen und Tipps zu geben, die für alle passen und stimmig sind. Ich möchte mich dem Themenkomplex schrittweise nähern. Aus meiner Sicht spielen die Aspekte Selbstwahrnehmung seiner Arbeit sowie Transparenz eine wichtige Rolle.
Selbstwahrnehmung
Hand auf’s Herz: Wie überzeugt sind Sie von Ihrer Arbeit? Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht die technische Dokumentation?
Wenn wir unsere Tätigkeit als nebensächlich oder als unwichtig empfinden, vermitteln wir diese Einstellung wahrscheinlich auch nach außen. Dann können wir kaum erwarten, dass andere die Wichtigkeit der Dokumentation erkennen.
Anleitungen mögen nicht so sexy sein, wie Smartphones oder Autos, aber sie gehören zum Produkt. Sie sind das, was wir aus ihnen machen. Durch transparente Prozesse kombiniert mit einem professionellen Umgang mit juristischen, normativen Herausforderungen und mit unternehmensinternen Stolpersteinen, können Sie sich als technischer Redakteur gut positionieren und den Mehrwert Ihrer Arbeit für das Unternehmen wie auch für Ihre Kollegen darstellen.
SWOT Analyse
Bevor jemand sich selbst oder seinen Bereich nach außen vertritt, ist es sinnvoll, sich mit seinen Stärken und Schwächen auseinander zu setzen. Die SWOT Analyse hat sich dafür als Methode bewährt.
Grundlage für eine aussagekräftige SWOT Analyse ist eine selbstkritische Aufstellung der eigenen Stärken, Kernkompetenzen und Schwächen. Das Zusammentragen und die Analyse der eigenen Stärken und Schwächen liefert die interne Sicht. Ihr Umfeld beschreiben Sie in den Zellen Chancen und Gefahren. Durch die Gegenüberstellung von Stärken/Schwächen einerseits und Chancen/Gefahren andererseits entsteht ein Portfolio mit vier Quadranten auf. Jeder Quadrant steht für einen Strategieansatz:
- S-O-Strategie: Mit den eigenen Stärken neue Möglichkeiten realisieren.
- S-T-Strategie: Mit den eigenen Stärken äußere Bedrohungen abwehren.
- W-O-Strategie: Eigene Schwächen beseitigen, um neue Chancen wahrzunehmen.
- W-T-Strategie: Eigene Schwachstellen vor möglichen Angriffen schützen.
Für die Außendarstellung und Positionierung ist es immer günstig, sich zuvor seine eigene Situation und seine eigenen Ziele zu analysieren.
Damit wir unsereren Kollegen unsere Vorgehensweise bei der Dokumentationserstellung darstellen können, müssen wir unsere eigenen Prozesse kennen. In vielen Projekten stelle ich immer wieder fest, dass Redaktionen ihre Prozesse nicht festgehalten haben. Nehmen Sie sich die Zeit und dokumentieren Sie Ihre Vorgehensweise. Wenn Sie Unterstützung wünschen, melden Sie sich bitte.
Transparenz
Keine Dokumentation entsteht nur durch Redakteure, es gehören immer mehrere Mitspieler dazu.
Wenn ein Fußballspieler den Ball hat, muss er blitzschnell entscheiden, was zu tun ist. An wen und wohin er den Ball passen kann oder sollte. Alle Mannschaftsmitglieder müssen verstehen, was die anderen wann tun bzw. tun werden. In den Trainings stehen daher immer wieder das Einüben und Optimieren von Laufwegen auf dem Programm. Aus meiner Sicht können wir von dieser Vorgehensweise lernen.
Auch in einem Unternehmen sollten die Mitarbeiter wissen, was die Aufgaben ihrer Kollegen sind. Insbesondere für uns technische Redakteure ist es sinnvoll zu wissen, was in anderen Abteilungen läuft. Technische Dokumentation ist in gewisser Weise ein Mannschaftsergebnis, es sind immer verschiedene Personen beteiligt. Wie im Fußball ist es effektiver und zielführender, wenn die einzelnen Beteiligten wissen, was wann passiert, wann sie eingreifen sollen und was von ihnen erwartet wird.
Wie können wir zu diesem Ziel gelangen? Ein Schritt in diese Richtung ist, die redaktionellen Prozesse wie die Dokumentationserstellung transparent zu machen. Dies bedeutet auch, zu erklären, warum welche Aspekte der Anleitung während der Korrekturphase zu kontrollieren sind. Ebenso gehört auch die Erklärung des Sinn und Zwecks der Dokumentation dazu. Ja, ich höre schon die Aufschreie: Schon wieder, dass sollten die doch langsam wissen … Vielleicht haben Sie als technischer Redakteur die Notwendigkeit und den Nutzen der Dokumentation schon einmal erläutert, aber was ist bei den Zuhörern angekommen? Sind Sie mit der juristischen Keule angetreten?
Fazit
Leider wird die Bedeutung der technischen Dokumentation in einigen Firmen immer noch unterschätzt. Es ist ein langer Prozess dies Image zu ändern. Ein erster und wichtiger Schritt ist es, aus dem Redaktionsbüro herauszutreten und sichtbar zu werden. Machen Sie Ihre Arbeit sichtbar und zeigen Sie, was Sie leisten. Dabei hilft es enorm, sich mit seinen eigenen Stärken auseinanderzusetzen.
Technische Dokumente entstehen immer in der Zusammenarbeit mit Kollegen anderer Abteilungen. Dieses Zusammenspiel kann durch transparente Prozesse verbessert werden. Nachvollziehbare Prozesse erleichtern auch die Darstellung der eigenen Abteilung. Aus meiner Sicht besteht der Weg, den Stellenwert der technischen Dokumentation zu steigern, u.a. darin, sich und seine Arbeit sichtbar zu machen. Dieser Aspekt stand daher im Mittelpunkt dieses Beitrags.
Ich verstehe diesen Beitrag als eine erste Ideensammlung. Weitere Ideen werden bestimmt folgen. Vielleicht auch von Ihnen. Auf Ihre Kommentare und Ergänzungen freue ich mich.
Welche Erfahrungen Stellenwert genießt die technische Redaktion in Ihrem Unternehmen? Haben Sie Ideen, wie die Bedeutung der Dokumentation gestärkt werden kann?