Umfrageauswertung: Ein Wiki in der technischen Dokumentation – Geht das? (Teil 2)

Meine Umfrage: Ein Wiki in der technischen Dokumentation – Geht das? beinhaltete auch einige Fragen mit Freitextantworten. Diese habe ich gesichtet und strukturiert. Aus Sicht der Umfrageteilnehmer könnten sich durch Wikis vor allem Vorteile bezüglich der Zusammenarbeit mit Kollegen ergeben. Als positiv sehen sie die Aspekte Verfügbarkeit und Aktualität von Wikis. Ebenso nennen einige Befragten die einfache Bedienung als Vorteil. Bezüglich der Bedienung sind sich die Teilnehmer uneinig. Insbesondere das unstrukturierte Editieren und die umständliche Formatierung von Wiki-Seiten werden negativ bewertet. Im Vergleich mit einem Redaktionssystem bzw. Content-Management-System schneidet ein Wiki in den Aspekten Varianten- und Versionsmanagement wie auch bei Prozessunterstützung schlecht ab. Dabei wird auch angemerkt, dass sie Modularisierung und Wiederverwendung von Inhalten in Wikis zumindest schwierig ist.

Vorteile beim Einsatz eines Wikis in der technischen Redaktion

Nachfolgend sind einige Antworten der Umfrageteilnehmer aufgeführt. Die Ausführungen geben nicht unbedingt meine Meinung. Sie sind Aussagen einzelner Redakteure.
Wikis unterstützen die Möglichkeit der Zusammenarbeit:

  • Kunde kann ggf. die Dokumentation inhaltlich komfortabel selbst anpassen, wenn er die Wiki-Markup beherrscht.
  • Gemeinsames Editieren mehrerer Autoren ist möglich, einfacher Input von Fachexperten
  • Leichte Nachvollziehbarkeit der Änderungen
  • Schnelle Rückmeldung der Anwender
  • Informationen sind auch für andere Abteilungen einsehbar
  • Gerade für Unternehmen mit mehreren Standorten ist es ein großer Vorteil, dass alle Mitarbeiter auf den gleichen Wissensstand sind.

Einfache Bedienung ist vorteilhaft:

  • intuitive Bedienung, funktionen wie ein Intranet
  • einfache Nutzung, breite Partizipation
  • schnelles Bearbeiten
  • geringe Einstiegshürden für Editoren
  • keine spezielle Software/Editor pro Autor notwendig

Wikis werden vielfach als Wissensspeicher eingesetzt. Insbesondere die gute Suchfunktion in Wikis bewerten Umfrageteilnehmer als vorteilhaft:

  • Wikis werden von jüngeren Mitarbeiter eher genutzt als andere „Nachschlagewerke.“
  • Wikis liefern schnell und ohne langes Suchen genau die Information, die benötigt wird, vorzugsweise mit Querverweisen auf weiterführende oder angrenzende Themen.
  • Informationsänderungen greifen unmittelbar durch und müssen nicht gesondert kommuniziert werden.

Ein Redakteur sieht ein Wiki als eine „gute Nachschlagemöglichkeit, da alles an einem Ort und nicht auf Mails und Ordner verteilt ist.“ Änlich bewertet es ein anderer Kollege und ergänzt, dass ein Wiki „nachhaltiger als Meetings“ sei.
Aspekte Verfügbarkeit und Aktualität sind positiv:

  • ständiger, leichter Zugriff imd hohe Aktualität
  • automatische Benachrichtigung bei geänderten Seiten
  • Jeder kommt zu jeder Zeit an die entsprechende Information.

Positiv: Wiki für die interne Dokumentation

  • Ein Wiki kann mindestens Teile eines Redaktionsleitfadens, Arbeitsanweisungen und ähnlicher (i.d.R. statischer) Dokumente abbilden bzw. ablösen.
  • Redaktionsinterne Inhalte werden konserviert (Festlegungen, Tipps, Prozesse, etc.).

Ein Kollege führt aus: „ Außer als internes Werkzeug eignet sich ein Wiki gut für Dokumentation und Support im Internet für Produkte oder Software, die von viele Entusiasten genutzt wird. Hierfür gibt es einige gute Beispiele aus dem Bereich FOSS und Elektronik. http://linuxtv.org/wiki/index.php/Main_Page

Schwächen und Probleme von Wikis

Redakteure äußern sich zu den Schwächen von Wikis, die den Einsatz in der technischen Dokumentation erschweren. Nachfolgend sind einige Antworten der Umfrageteilnehmer aufgeführt. Die Ausführungen geben nicht unbedingt meine Meinung. Sie sind Aussagen einzelner Redakteure.

Struktur, Layout

  • Bearbeitung der Wiki-Seiten ist sehr umständlich (Formatierung, Bilder).
  • Je nach Struktur können Wikis sehr unübersichtlich sein. Es sammeln sich schnell veraltete Seiten an. Nur ein Teil der Mitarbeiter nutzt Wiki intensiv, der Rest nur wenn er muss…
  • In der Regel ist nur unstrukturiertes Editieren möglich (evtl. über Templates abzumildern).
  • Kategorien etc. zur Wiederfindbarkeit sind nötig und müssen ggf. definiert werden und evtl. als Muss-Kriterium bei der Erstellung von Themen hinterlegt werden, damit nicht Inhalt im Nirvana verschwinden
  • Ohne WYSIWYG-Editor nicht sinnvoll nutzbar und wenig für Benutzer akzeptabel
  • unhandliche Formatierung und Syntax
  • keine klare Inhaltsstruktur; Namensräume werden nicht sinnvoll genutzt
  • fehlende Hierarchisierung von Informationen

Rechtesystem

  • Generelles Problem: Jeder kann i. d. R. unkontrolliert etwas einstellen. Ob es stimmt oder nicht kann nicht garantiert werden.
  • Jeder kann alles bearbeiten.
  • schlechte Granularisierung von Zugriffs- und Leserechten

Integration und Ausgabe
Als Nachteil stellt sich für einige Redakteure dar, die schwierige Integration von Wikis in die Systemlandschaft sowie die begrenzten Ausgabemöglichkeiten:

  • Kein Single-Source: Ich kann aus dem Wiki nicht ohne weiteres Webhelp, PDFs oder andere Hilfeformate erstellen. Die Ausgabe in bestimmte Zielmedien ist zu arbeitsaufwändig und zu fehleranfällig.
  • schlechte Export/Import-Eigenschaften, besonders auch im Austausch mit einem Übersetzungsdienstleister.
  • schlechte Druckausgabe (jedenfalls Confluence von Haus aus)
  • schlechte Anbindung an Datenbanken
  • kein vernünftiges Terminologiemanagement möglich
  • schwierig mit dem Export z.B. für TMS

Vergleich mit CMS

  • Im Vergleich mit Redaktionssystemen ist die Verwaltung und Pflege großer Datenbestände noch nicht zufriedenstellend gelöst.
  • Kein Staging, keine/wenig Mechanismen für Draft-Speicherung; keine automatischen Workflows; keine optimale Versionierung (automatisch, aber nicht für Staging geeignet); schwache CMS-Fähigkeiten (wenige Inhaltstypen, schlechte Erweiterbarkeit, wenig Automatisierung)
  • keine Modularisierung der Seite wie bei einem typischen WebCMS
  • fehlendes Versionsmanagement, fehlendes Variantenmanagement; Wiederverwendung von Content stark vom verwendeten Wiki abhängig, aber in der Regel nicht so einfach und gut handelbar; Metadaten für Topics nicht in allen Wikis umsetzbar

Auch ein Wiki-Einsatz muss geplant werden!

Jedes System hat Schwächen!; Ich denke, dass die Planung, Einrichtung und Pflege eines Wikis mindestens so aufwändig ist wie die Systemeinführung „Redaktionssystem“ oder ähnlicher.

Einige Redakteure verweisen auf die Bedeutung der Pflege eines Wikis:

  • Ein Wiki muss immer gepflegt und tagesaktuell gehalten werden, wenn es effektiv eingesetzt werden soll. Gerade im Bereich Normen, Gesetzestexte ändern sich im Laufe der Zeit Inhalte. Hier muss darauf geachtet werden, wie aktuell die Inhalte sind.; Inhalte, die jahrelang nicht gepflegt werden, sind irgendwann unbrauchbar.
  • Ohne Redaktion steht manchmal auch Falsches im Wiki.
  • Es müssen alle – Nutzer wie Autoren – gewissenhaft arbeiten und dürfen nie unkritisch Informationen übernehmen. Redaktionsintern ist dies noch relativ überschaubar, ein wiki für einen Kunden ist schon rechtlich gesehen kritisch zu betrachten.

Fazit
Auf die Frage „Eigent sich ein Wiki für die Technische Dokumentation?“ gibt es keine eindeutige, einfache Antwort. Wie bei jedem Tool hängt die Eignung von den Zielen ab, die mit dem System erreicht werden sollen. Vor der Auswahl und Einführung eines Wikis steht die Zielbestimmung. Entsprechend der Ziele ist dann ein passendes Tool zu finden. Deutlich wurde in der Umfrage, Wikis können in der Welt der technischen Redaktion sinnvoll sein. Dies haben auch einige Anbieter aus dem Bereich der Autorenunterstützung realisiert und entwickeln für die Integration ihrer Software in Wikis. Ob sich Wiki-Anbieter und Unternehmen aus dem Übersetzungsbereich aufeinander zu bewegen, bliebt abzuwarten.

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